Mobile Learning ist mehr als Training mit mobilen Endgeräten
Mobile Learning ist mehr als Training mit mobilen Endgeräten.

Viele Abhandlungen über Mobile Learning beginnen mit Marktübersichten der aktuellen und zukünftigen Verbreitung von Smartphones und Tablets. Botschaft: Wir haben alle diese Geräte, also sollten wir auch damit lernen. Tatsächlich? Die Tatsache, dass solche Geräte bei den Mitarbeitern von Unternehmen verbreitet sind, ist noch keine ausreichende Begründung für Mobile Learning. Mobile Learning muss mehr sein als Lernen auf vorhandenen mobilen Endgeräten. Erst wenn die Nutzer Mobile Learning als wirklichen Mehrwert erleben, erhält diese Methode letztlich ihre Berechtigung. Daher ist es wichtig, sich genau zu überlegen, wie die Anwender mobil lernen. Wann und wie wird gelernt, weshalb, was genau ist der Nutzen und auch eventuell mit wem?  Entsprechend entscheidet die Gestaltung von Mobile Learning über Erfolg und Akzeptanz.

Es gibt auch nicht das eine Curriculum oder das eine Konzept für Mobile Learning. Vielmehr bietet es methodische Möglichkeiten und hat auf der anderen Seite auch Grenzen. Worin kann aber nun dieser Mehrwert liegen? Die Methodik dafür kann von der wissenschaftlichen Seite angegangen werden. Wie lernt der Mensch im Heute und in der Zukunft? Hier ist der Ansatz ein pragmatischer: Welche methodischen  Möglichkeiten gibt es, von denen man heute schon sicher weiß, dass sie funktionieren. Weshalb kann man dies wissen? Einfach dadurch, dass das veränderte Mediennutzungsverhalten mit ganz altbekannten Erkenntnissen der Lerntheorie in Verbindung gebracht wird.

Einige Beispiele dazu:
Die wenigsten  Menschen antworten auf die Frage, wo sie am besten lernen können mit ‚im Büro‘, ‚in einem Computerraum‘ oder ‚zu Hause am Schreibtisch‘. Meistens kommen Antworten wie: ‚am Strand‘, ‚unterwegs auf Reisen‘ oder ‚bei einem Spaziergang‘. Diese subjektive Wahrnehmung wird auch von der Psychologie gestützt: Unser Gedächtnis funktioniert über visuelle Reize und  Emotionen. Lernen und Informationsaufnahmen die unterwegs geschehen können daher sehr wirkungsvoll sein.

Aber nur in bestimmter Form: Die Lerneinheit, die man unterwegs angeboten bekommt, muss in kurzer Zeit durchgearbeitet werden können, ohne dass der rote Faden verloren geht wenn man kurzfristig „aussteigt“. Besonders sinnvoll sind deshalb kleine „Learning-Nuggets“, die aber wiederum in einem sinnvollen Gesamtzusammenhang stehen müssen. Das mobile Endgerät bzw. die Applikation, unser Trainings-Cockpit, führt den Anwender dabei.

Wichtig dabei ist die Ansprache und Motivation: Mitarbeiter sollen nicht unterwegs lernen, weil sich damit noch die kleinste Pause füllen lässt – sondern weil durch das Lernen unterwegs eventuell sogar Zeit gespart werden kann. Und letztlich, da die Informationen besser im Gedächtnis verankert wird und haften bleibt. Aber es fehlt noch die Verbindlichkeit: Wir alle wissen, was wir heute nicht tun und auf morgen verschieben ist zumeist auf den Sankt Nimmerleins-Tag verschoben. Wie kann das geändert werden? Zum Beispiel durch zeitliche Verknappung („sense of urgency“): Ein Video ist nur für einen bestimmten Zeitraum verfügbar. Oder einen angebotenen Webcast gibt es nur an drei festgelegten Terminen.

Die Erfinder der „Massive Open Online Courses“ (MOOC) haben das erkannt: Gerade offene Lernformen benötigen auch Führung. Mobile Learning ist und sollte 24/7 offen sein, aber auch verbindliche Termine vorgeben. Denn wenn wir ehrlich sind, hilft uns allen dieser leichte Zwang. Besonders hilft, dass Kommunizieren mit anderen Lernenden. Und das erhöht wiederum die Wirksamkeit des Lernens enorm. Nichts ist auf Dauer frustrierender, wenn alle auf einem völlig unterschiedlichen Lernstand sind und es keine gemeinsamen Anker gibt. Die gemeinsame Skype-Konferenz mit einem Experten oder ein Videobeitrag können dabei helfen, Anknüpfungspunkte für einen Austausch zu finden. Auch für die zahlreichen „Lurker“, die passiven Mitleser und Mithörer, ist es wesentlich einfacher gedanklich am Ball zu bleiben, wenn solche gemeinsamen Events existieren.

Natürlich ist im Einzelfall immer zu entscheiden, was für die einzelne Zielgruppe passt und was nicht. In der Regel gilt aber auch hier: Probieren geht über Studieren. Wenn man mobile Learning als dynamischen Prozess in Interaktion mit der Zielgruppe versteht, ist es wichtiger auf die Anwender selbst zu reagieren als für alle Eventualitäten zu planen. Damit wird auch vielmehr der Eindruck vermittelt, dass Anwender und deren Anliegen ernst genommen werden. So verstanden ist oder kann mobile Learning weit mehr sein, als Lernen mit mobilen Endgeräten.