Ein Jahrzehnt ist es her, dass aus einer Idee Realität wurde: Am 1. Juli 2008 wurde die equeo GmbH in Berlin gegründet. Seitdem hat sich vieles verändert: Whatsapp hielt Einzug in unsere Alltagskommunikation, Internet of the Things wurde zum geflügelten Wort, Apple entwickelte das Ipad, Donald Trump wurde Präsident der USA, die Zahl der Internetnutzer erreichte die magische Grenze von 3,7 Milliarden und der Vollbart wurde zum Trend. 

Zum 10. Geburtstag blicken die beiden Geschäftsführer Thomas Flum und Tim Kaufhold heute im Interview auf die Anfänge ihres Unternehmens zurück, lassen Höhen und Tiefen Revue passieren und wagen einen Blick in die Zukunft.

Herr Flum, wie kam es damals zur Idee, equeo zu gründen? Und wann folgte die Umsetzung?

Thomas Flum: Wir wollten Lernsysteme bauen, die wir selbst auch gerne nutzen würden. Das war bei meinem früheren Unternehmen nicht der Fall. Dort wurde man innerhalb der Lernsysteme stark und eng geführt und man musste sich viel Zeit nehmen, um Schritt für Schritt zum Ende zu kommen. Für die heutige Arbeitsweise, bei der man es gewohnt ist, Vieles gleichzeitig zu tun, ist das nicht praktikabel. Lernen und Arbeiten sind kaum mehr zu trennen. Und wir wollten Systeme für genau diese Art des Arbeitens und Lernens entwickeln – natürlich auch für mobile Geräte, weshalb das iPhone, das Steve Jobs im Januar 2007 vorstellte, eine große Inspiration war. 

Wichtig war uns dabei vor allem die Eigenverantwortung des Lernenden. Das System sollte Hilfe und Unterstützung bei der Weiterbildung leisten. Unser Ziel: So gute Empfehlungen für das Lernen zu geben wie Amazon für das Einkaufen und gleichzeitig so unterhaltend zu sein wie Netflix. 

Mitte 2008 haben wird dann gegründet.

Herr Kaufhold, Sie sind seit 2009 Partner und Head of Operations der equeo GmbH. Welches Potenzial sahen Sie damals in der Branche und welches sehen Sie heute?

Tim Kaufhold: Die damals völlig neuen, mobilen Endgeräte haben Visionen befeuert, Menschen mobile Services bieten zu können, die vor allem auch unterwegs Sinn machten. Die vielen kleinen Helfer, die auf Smartphones und Tablets plötzlich zur Verfügung standen, waren schnell nicht mehr wegzudenken und ein echter Mehrwert für die Anwender. Wir sahen bereits bei der Gründung von equeo ein sehr großes Potenzial, Nutzern mobiles Lernen anzubieten. Lernen optimiert für die Nutzung in bestimmten Situationen und angepasst an die Bedürfnisse jedes Einzelnen.

Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Was sind die größten Veränderungen, die die E-Learning-Branche seit 2008 erlebt hat? Gibt es Aspekte, die geblieben sind?

Tim Kaufhold: Die technischen Möglichkeiten, aber vor allem die Ansprüche der Kunden – und dies sind für uns zum einen Firmen aber vor allem deren Mitarbeiter – haben sich dramatisch verändert. E-Learning durchläuft aktuell eine Erneuerung: Es ist heute nicht mehr zu vermitteln und für Unternehmen auch ein Minuspunkt in der Bewertung durch ihre Mitarbeiter, dass Lerninhalte für alle gleich sind. Bisher war E-Learning auch die Optimierung der Prozesse zur Distribution und Dokumentation der Lerninhalte und der Lernstände aus Unternehmenssicht. Heute bedeutet Lernen, dass sich Menschen die Infos auf diversen Plattformen und Medien „holen“ und situativ nutzen. Das Lernverhalten hat sich sehr verändert. Man lernt nicht auf Halde, sondern sucht und findet Informationen in Echtzeit: Dann, wenn die Informationen und Lerninhalte benötigt werden. Und dann bleibt das Gelernte auch länger verfügbar, denn Nutzer lernen in einer für sie relevanten Situation und optimaler Weise verbunden mit positiven Emotionen. Nur so konnte sich z.B. YouTube zur größten Lernplattform entwickeln.

Thomas Flum: Die Branche ist von zahlreichen Innovationen geprägt. Der früher passive Rezipient von Informationen ist heute ein aktiver Teil des Lernprozesses. Arbeiten und Lernen gehen Hand in Hand: Stößt man am Arbeitsplatz auf ein Problem, googelt man nach einer Lösung, schaut sich ein YouTube-Video an, tauscht sich mit anderen aus. Das haben Anbieter wie wir erkannt. Wir setzen genau dort an und unterstützen bzw. entwickeln neue Formen des Lernens. Die klassische Learning Management Systemen werden zwar in der formalen Weiterbildung ihre Bedeutung behalten, aber dynamischen Lösungen werden auf lange Sicht immer mehr Bedeutung gewinnen.

Eine Firmengründung ist ein großer Schritt und mit viel Anstrengung und Herzblut verbunden. Was sind die Lessons Learned, die Höhen und vielleicht auch die Tiefen, auf die Sie in Ihrer Entrepreneur-Laufbahn zurückblicken, Herr Flum?

Thomas Flum: Als Unternehmer muss man eine gesunde Portion Neugierde, Flexibilität und sehr viel Ausdauer mitbringen. Entscheidend für den unternehmerischen Erfolg ist jedoch immer das Team. Das ist die Stütze eines jeden Gründers. Und hier gibt es natürlich unterschiedliche Erfahrungen – sehr viele positive aber auch enttäuschende. Wenn ich jetzt jedoch Bilanz ziehen sollte, kann ich stolz sagen: Ich bin heute sehr zufrieden und glücklich darüber, was wir tun und wie wir es tun. Ich empfinde es persönlich als Privileg jeden Tag mit inspirierenden Menschen und einem tollen Team zusammenzuarbeiten.

Digitales Lernen ist ein Bereich, der von immer neuen Innovationen vorangetrieben wird. Wie ist equeo in den letzten zehn Jahren mit diesen stetigen Veränderungsprozessen umgegangen? Welche Meilensteine gab es in der Unternehmensgeschichte?

Tim Kaufhold: Ich kann mich noch gut an die Aussage eines Bekannten erinnern, der mal sagte: „Technical things won’t carry the day“. Und er hat Recht. Denn trotz der vielen spannenden Innovationen, bleibt immer die eine grundsätzliche Frage: Was hat der Anwender von all den Entwicklungen und welches seiner Probleme kann er damit lösen? 

Wir haben bei den Entwicklungen in unserem Unternehmen immer versucht, uns an dieser Grundsatzfrage zu orientieren. Es war nicht einfach, immer und immer wieder den eigentlichen Anwender, den Lernenden, in den Mittelpunkt der Entwicklungen unserer Technik und der inhaltlichen Services, der Lerninhalte und der Übermittlung dieser zu stellen. Aber es hat sich ausgezahlt.

Wir haben in den letzten 10 Jahren zahlreiche technische Plattformen originär umgesetzt, weil es das, was wir benötigten und wollten, so noch nicht gab. Mittlerweile sind sehr viele Tools verfügbar und wir sind sehr flexibel, wenn es um den technischen Unterbau der eigentlichen Lernservices angeht. Wir konzentrieren uns deshalb auf die wichtige Frage, welche Inhalte welcher Anwender in welcher Form und auf welcher technischen Plattform benötigt. Es geht also um das „Was“ und das „Wie“ und das ergibt sich danach aus den Anforderungen der Anwender.

Es war in der Entwicklung von equeo auch nicht der eine Meilenstein, auf den wir zurückblicken. Vielmehr war es ein Prozess der kontinuierlichen Veränderung der technischen Möglichkeiten in Kombination mit der Konzentration auf die Lernbedürfnisse der Anwender. Und auch Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass sich die Aufgaben der Personalverantwortlichen und das, was Sie ihren aktuellen und potenziellen Mitarbeitern anbieten müssen, dramatisch geändert hat.

equeo – wie kam es zum Firmennamen und was bedeutet das eigentlich?

Thomas Flum: Das werde ich tatsächlich oft gefragt. Im Juni 2008, kurz vor der Gründung, saßen wir bei mir auf der Terrasse und haben uns überlegt, wie die neue Firma nun heißen soll. Natürlich sollte der Name irgendetwas mit dem Thema „Lernen“ zu tun haben aber das haben wir schnell verworfen. Es klang uns zu sehr nach Schule und etwas bieder – Learning fanden wir entsprechend auch etwas langweilig. Irgendwann kamen wir dann bei Worten wie „befähigen“ und „Fähigkeiten“ an. Doch wie soll man daraus einen Firmennamen basteln? Meine Lateinkenntnisse führten uns dann zu „queo“, was auf Latein „ich kann“ bedeutet. Das gefiel uns schon besser!

Aber das Ganze sollte ja auch digital sein – anders und besser als bisherige Lernsysteme. Das „e“ steht deshalb für electronic. Und so kam es zum Namen equeo, der also für unsere Mission steht: Befähigen mit digitalen Mitteln.

Wagen wir zum Abschluss einen Blick in die Zukunft: Wo wird die Branche und wo die equeo GmbH in weiteren zehn Jahren stehen?

Tim Kaufhold: Die Vision ist es, Menschen Lernen so anzubieten, dass immer exakt dann, wenn eine Information benötigt wird, diese so zur Verfügung steht, dass sie zu Parametern wie der aktuellen Situation, dem aktuellen Wissensstand, der Umgebung, dem Gefühl, dem genutzten Gerät und den Vorlieben des jeweiligen Mediums passt. 

Und weil Dinge wie AI, AR und andere immer schneller, real nutzbare Systeme hervorbringen, werden wir Systeme haben, die die Info und das Lernen bereitstellen, weil der Anwender diese gleich benötigen wird. Er weiß das selbst vielleicht noch nicht, das digitale Hilfssystem jedoch schon, denn Big Data und AI ermöglichen dies heute bereits.

Eine wirklich wichtige Fragestellung hierbei ist natürlich die nach der Hoheit und der Sicherheit über all die Daten, die in diesem Zusammenhang entstehen.   

Thomas Flum: Ich bin davon überzeugt, dass künstliche Intelligenz auch in unserem Gebiet eine große Rolle spielen wird. Eine spannende Frage ist, ob es zum Beispiel ein „Amazon für Lernen“ geben wird und wo dieses „Amazon“ dann herkommt: aus Deutschland, Europa oder der USA? Aber natürlich kann ich die Zukunft nicht vorhersehen – ich freue mich aber darauf, mit den neuen Entwicklungen zu arbeiten und sowohl persönlich als auch unternehmerisch daran zu wachsen.