Markus sitzt am Schreibtisch. Seit einer geschlagenen Stunde starrt er jetzt schon aus dem Fenster und sitzt regungslos da. Er seufzt und vergräbt das Gesicht in den Händen – das aufgeschlagene Englischbuch liegt unter ihm. Die Vokabeln für den Englischtest am nächsten Tag wollen einfach nicht in seinen Kopf gehen. Wäre das Vokabellernen doch so spannend wie die neue Staffel seiner Lieblingsserie. Dann wäre es ein Leichtes für ihn, sich die neuen Wörter zu merken…

Kennen Sie das auch noch von früher? Die Fakten zur Französischen Revolution aus dem Geschichtsunterricht oder die besagten Vokabeln aus dem Englischunterricht bleiben einfach nicht im Gedächtnis. Aber der Trailer des neuesten Kinofilms will Ihnen nicht aus dem Kopf gehen. Heute, im Joballtag, sind es vielleicht die neuesten Vertriebsstandards oder Compliance-Regeln, die trotz mehrfacher Trainings nicht hängen bleiben. Die Storyline der Netflixserie vom Vorabend können Sie hingegen beim Mittagessen mit den KollegInnen fehlerfrei rezitieren. Warum ist das so?

Eine einfache Antwort: „Nicht Fakten, sondern Geschichten treiben uns um, lassen uns aufhorchen, betreffen uns und gehen uns nicht mehr aus dem Sinn.“ (Spitzer, 2007*)

Das Zauberwort lautet deshalb „Storytelling“. Eine Praxis, die aktuell in aller Munde ist und vor allem in PR- und Marketing, häufig im Bereich Social Media, zum Einsatz kommt. Einfach erklärt, werden dabei Geschichten erzählt, durch die die eigentlichen Informationen vermittelt werden. Die Geschichte als Ausdrucksform ermöglicht es dabei, den Inhalt möglichst einfach zu präsentieren, sodass dieser gut aufgenommen und langfristig im Gedächtnis verankert wird. Dazu kommt: Geschichten sind anschaulicher und ansprechender als faktenbasierte Bleiwüsten. Auch Sie wären wahrscheinlich motivierter, sich eine spannende Geschichte anzuhören oder anzusehen als trockene Fakten auswendig zu lernen, oder?

Bereits anhand der einfachen Beispiele zeigt sich, dass Storytelling im eLearning enormes Potenzial birgt, das es zu nutzen gilt. Die bei Geschichten aufkommenden Assoziationen, Emotionen und Interaktionen machen es für unser Gehirn einfacher, Inhalte zu verarbeiten und nachhaltig zu speichern. Da der Lernprozess dabei nicht bewusst als solcher wahrgenommen wird, fällt uns dadurch das Lernen idealerweise leichter und macht sogar Spaß. Motivationsprobleme entstehen erst gar nicht, da die Inhalte ohne große Mühe verstanden und verinnerlicht werden.

Im Rahmen des BCOLAB-Projekts des Institute of Electronic Business e.V. ist in diesem Zusammenhang ein Projekt entstanden, das genau auf diesen Effekt abzielt: Studenten haben gemeinsam mit equeo eine Lernlösung zum Thema „Blockchain“ entwickelt, die das komplexe Feld der Kryptowährungen einfach und anschaulich darstellt. In einem multimedialen Storytelling-Format führt der Erzähler, der Professor, durch die einzelnen Lektionen.

Videoausschnitt: © equeo GmbH 2019

 

Die Story um den Bankräuber Moses zieht sich dabei durch alle Lektionen und nimmt den Lernenden mit auf eine Art „Lernreise“ – gemeinsam mit den Hauptcharakteren. Die kurzen Videosequenzen, wie der obige Ausschnitt, lockern die reinen Lerninhalte auf und sorgen – analog zu einer Serie – für Cliffhanger, die den Nutzer neugierig machen und dafür sorgen, dass er motiviert am Ball bleibt.

“People expect to be bored by eLearning – let’s show them it doesn’t have to be like that!” (Cammy Bean, VP of Learning Design at Kineo)

In diesem Sinne: Erzählen Sie mehr Geschichten.

 

*Spitzer, Manfred (20017): Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

 

Autorin: Karen Schubert