equeo-Mitarbeiterin Anna Hansch veröffentlichte im letzten Jahr ihre Promotion mit dem Titel „Neue Interaktionen in Online-Kursen: Entwicklung einer Nutzertypologie“.

In diesem Blogartikel gibt sie Einblicke in ihre Forschung und zeigt auf, welche Empfehlungen sich aus den Ergebnissen für die Praxis ergeben.

 

Mit der Entwicklung von Massive Open Online Courses (MOOCs) und der Gründung der US-amerikanischen Kursplattformen Coursera, edX und Udacity in den Jahren 2011/2012 ist ein neuer Hype um digitale Bildungstechnologien entstanden. Die Online-Kurse schaffen für eine unbegrenzte Anzahl von Teilnehmern den Zugang zu Lerninhalten renommierter Hochschulen – und das sogar meist kostenlos und ohne Zugangsbeschränkungen. Bis heute haben sich mehr als 100 Millionen Nutzer für über 11.000 Kurse zu Themen wie Machine Learning oder Grafikdesign angemeldet. Auch viele Unternehmen adaptieren das Format und setzen Online-Kurse zur internen Aus- und Weiterbildung ein.

Obwohl die Anzahl an Nutzern und Kursen kontinuierlich steigt, werden in der Diskussion um den Erfolg von MOOCs häufig die hohen Abbruchquoten der Lernenden kritisiert. Auf der Suche nach Ansätzen zur Optimierung des Formats, habe ich in meiner Dissertation eine nutzerorientierte Methode aus der Designforschung gewählt, um das Verhalten von Teilnehmern in Online-Kursen zu untersuchen. Das Ergebnis ist eine Typologie, welche vier Nutzertypen umfasst und Empfehlungen für die Konzeption und Umsetzung von Lernangeboten entsprechend ihrer Präferenzen gibt.

Typ 1: Der abschlussorientierte Zielstrebige

Für Typ 1 gehört die lebenslange Weiterbildung selbstverständlich zu seinem Berufsweg dazu. Daher absolviert er regelmäßig Online-Kurse und setzt sich zum Ziel, diese mit einem Zertifikat abzuschließen.

Empfehlung: Multimediale Lerninhalte in Hollywood-Qualität für einen professionellen Nutzer? Diesen Aufwand bei der Produktion kann man sich sparen. Der zielstrebige Typ 1 ist ohnehin hochmotiviert, mithilfe des Online-Kurses den nächsten Karriereschritt voran zu treiben. Stattdessen empfiehlt es sich, die Lernumgebung mit Gamification-Elementen so zu gestalten, dass der Lernfortschritt unterstützt und visuell erlebbar wird (z.B. durch Fortschrittsanzeigen und Leaderboards). Auch die Bestätigung seiner Leistungen durch Punkte, Badges oder Zertifikate spornt Typ 1 an und ermöglicht ihm, sein Können zur Schau zu stellen.

Typ 2: Der Content-fokussierte Wiederholer

Typ 2 nutzt Online-Kurse gezielt, um sein Fachwissen zu aktualisieren oder Wissenslücken zu schließen.

Empfehlung: Diskussionen und Gruppenaufgaben mit anderen Kursteilnehmern, um Inhalte besser zu verstehen und Erfahrungen auszutauschen? Nicht für Typ 2, er lernt allein und der effiziente und effektive Zugriff auf die Lerninhalte hat für ihn Priorität. Eine klare Struktur und die Umsetzung in kleinen Einheiten (Lernnuggets) ermöglichen ihm, die relevanten Fachinhalte direkt zu finden und sie sich schnell anzueignen.

Typ 3: Der gruppendynamische Lerner

Typ 3 ist ein experimentierfreudiger Gelegenheitsnutzer von Online-Kursen, für den das Lernen in einer Online-Gemeinschaft zentral ist.

Empfehlung: Mehrwöchige, lineare Kurs-Curricula zum Selbststudium? Ist ein Online-Kurs so konzeptioniert, loggt sich Typ 3 einmal ein und nie wieder. Für ihn bedeutet Lernen, sich mithilfe verschiedener digitaler Tools mit anderen auszutauschen. Dazu nutzt er z.B. Foren, Chats oder Live Videos und teilt seine selbsterstellten Inhalte mit der Community.

Typ 4: Der flexible Entdecker

Typ 4 nutzt gelegentlich Online-Kurse und ist dabei angetrieben durch die Neugier, neue Themen kennenzulernen. Lernen findet für ihn überall im (Arbeits-)Leben statt und muss flexibel sein.

Empfehlung: Mit dem Desktop-Browser auf textbasierte Lerninhalte und PowerPoint-Grafiken zugreifen? So erreicht man Typ 4 auf keinen Fall. Lernen ist für ihn keine Schreibtischarbeit. Der Content muss für mobile Endgeräte aufbereitet und bereitgestellt werden. Ideal sind Video und Audio-Formate, die Typ 4 unterwegs hören kann.

Mehr Informationen zu den Nutzertypen und weitere Empfehlungen zur Steigerung der Kursteilnahme sind dem Buch „Neue Interaktionen in Online-Kursen: Entwicklung einer Nutzertypologie“ zu entnehmen. Verfügbar bei epubli.com und anderen (Online-)Buchhändlern.

 

Anna Hansch ist Head of Product Innovation bei der equeo GmbH. Zuvor arbeite sie in verschiedenen Positionen in der Wirtschaft und Forschung, unter anderem als freiberufliche Innovationsberaterin, Projektleiterin in einer Unternehmensberatung und Koordinatorin eines Forschungsprojekts zu Innovationen im Online-Lernen. Im Jahr 2018 hat Anna Hansch ihre Promotion „Neue Interaktionen in Online-Kursen: Entwicklung einer Nutzertypologie“ an der Universität der Künste Berlin im Fach Medienökonomie abgeschlossen.