Während ich bei meinem ersten Auto noch selbst das Motorenöl als auch den Ölfilter wechseln konnte, fühle ich mich heute bedeutend sicherer, wenn das ein Service-Techniker für mich übernimmt. Mittlerweile sind die Autos technisch so komplex geworden, dass auch im Training der Mitarbeiter der Service-Werkstätten neue Wege beschritten werden müssen. Doch wie lässt sich das Wissen rund um Reparatur und Wartung der hochkomplexen Fahrzeuge am besten transportieren?

MARTA – die Service-Unterstützung von Volkswagen

Volkswagen hat hierzu MARTA entwickelt, eine App die mittels Augmented Reality schon jetzt den Service-Mitarbeitern bei ihrer Arbeit zur Seite steht. MARTA erkennt die einzelnen Bauteile, indem es das Bild des Tablets mit dem gespeicherten Bild des realen Fahrzeugs vergleicht und navigiert den Service-Mitarbeiter so durch die einzelnen Arbeitsschritte. So können die Arbeitspunkte effizienter und schneller identifiziert werden, wodurch insgesamt Zeit im Reparatur- und Wartungsprozess eingespart wird.

Mitarbeitertraining mit Augmented Reality

Das Tablet macht Kabelbäume hinter der Verkleidung sichtbar (RE’FLEKT/Bosch Automotive Service Solutions)
Das Tablet macht Kabelbäume hinter der Verkleidung sichtbar (RE’FLEKT/Bosch Automotive Service Solutions)

Auch die Bosch Automotive Service Solutions GmbH hat sich Gedanken dazu gemacht, wie sie den Werkstatt-Mitarbeitern das Wissen an die Hand geben können, das für das Arbeiten an Fahrzeugen notwendig ist. Sie hat eine mobile Applikation für Schulung und Training entwickeln lassen, die den Nutzern mit dem Einsatz von Augmented Reality die Lage von Einzelbauteilen zeigt. Dazu hält der Mechaniker sein Tablet in Richtung Armaturenbrett und erhält eine Ansicht hinter der Verkleidung, inklusive der Darstellung vom Kabelbaum und Sensoren sowie der Möglichkeit, einzelne Bauteile auszuwählen und von allen Seiten zu betrachten. Zusätzlich können alle relevanten Informationen wie z.B. Schalt- und Anschlusspläne angezeigt werden. Auf diese Weise können Mitarbeiter trainiert werden, ohne großen zeitlichen Aufwand, die Inhalte werden multisensorisch und jederzeit abrufbereit zur Verfügung gestellt und stoßen aufgrund der multimedialen Ausrichtung auf größeres Interesse bei den Nutzern.

Der Blick in die Zukunft

Noch benötigt man ein Tablet, um diese Möglichkeiten zu nutzen. Doch sobald die Technik der optical head-mounted display (OHMD), wie sie bereits jetzt mit Google Glass und Oculus Rift bekannt ist, die Alltagsreife erreicht hat, wird sie in diesem Bereich eine weitere deutliche Erleichterung mit sich bringen: der Nutzer wird die bisher auf den Tablets angezeigten Daten direkt vor dem Auge sehen und hat somit seine Hände zur freien Verfügung. Er kann also noch während er sich informiert, weiterarbeiten.

Mit Trainingsprogrammen wie diesen können Mitarbeiter nicht nur weitergebildet werden, sie sind auch weitaus flexibler und schneller in anderen Arbeitsbereichen einsetzbar, weil sie nach der Weiterbildungseinheit noch immer auf die App zugreifen und sich die komplexen Zusammenhänge vergegenwärtigen können. Der Übergang von Arbeiten und Lernen ist somit fließend.

Diese beiden Beispiele stammen zwar aus der Automobilbranche, denkbar ist die Anwendung aber auch in anderen erklärungsintensiven Bereichen wie der Wartung von Maschinen und Anlagen, in der Warenkunde oder in der Lebensmittelindustrie. Es stellt sich nur noch die Frage, wie schnell sich die Unternehmen für dieses innovative Konzept begeistern werden.

Update vom 09.09.2014:

Nach Erscheinen unseres Artikels hat sich Dirk Schart, der Corporate Communications Manager der RE’FLEKT GmbH bei uns gemeldet und uns von seinen eigenen Erfahrungen mit der Google Glass berichtet. Im Bezug auf die Nutzung von Augmented Reality mit der Glass sagt er folgendes:

Die genannten Devices bieten zwar „hands-free“, was oft als Vorteil genannt wird … Das Sichtfeld ist aber sehr klein, um Details von Produkten und Objekten vernünftig darzustellen.

Die kleine Projektionsfläche und die derzeitige Akkuleistung werden daher die Tablets nicht ersetzen können, besonders nicht in der Nutzung von Augmented Reality, sicher werden sie aber in anderen Bereichen sehr gut nutzbar sein.

Bei der Occulus Rift muss ich unbedingt noch erwähnen, dass sie eine Virtual Reality-Brille ohne See-through ist und man mit ihr lediglich Simulationen durchführen kann. Es gibt zwar schon Versuche, mit See-through zu experimentieren, aber noch sind die Ergebnisse nicht sehr benutzerfreundlich.